Der eine versucht seine Zeit zu managen, erlegt sich strenge Regelmäßigkeit auf, die andere lässt sich durch die bunte Vielfalt der Zeiten treiben. Hier das Ringen um beherrschbare Regelmäßigkeiten in der zeitlichen Ordnung, dort das Bemühen um so wenig zeitliche Regeln als möglich. Und jetzt ist es – wie zuvor zugegebenermaßen ein ums andere Mal auch – „zu Unregelmäßigkeiten gekommen“: bei dem einen hat die Regelmäßigkeit, die Planung, das Zeitmanagement nicht geklappt, ist durcheinandergeraten, bei der anderen ist die gelobte Vielfalt, das gewählte und gewollte Durcheinander von allerlei Zeiten doch in Rituale und Routinen gekippt, die einer gewissen Regelmäßigkeit nicht entbehren. Unregelmäßigkeiten aller Orten und aller Zeiten. Wie Du es auch machst, es ist verkehrt. Denn immer wieder kommt es zu Unregelmäßigkeiten. Ob bei der zeitlichen Regelhaftigkeit und der Regellosigkeit zeitlicher Freigeister.

Die interessante Frage, die sich regelmäßig zu stellen lohnt, ist die nach der Referenz: Unregelmäßigkeit in Bezug auf was? Oder besser noch: Unregelmäßigkeit in Bezug auf welches Bedürfnis?

Damit ist der Geltungsbereich eingegrenzt – und meistens die Verzweiflung oder die Verlustangst auch erst mal. Wir sind eben – je nachdem – nur zeitlich aus der Ordnung bzw. der gewählten Unordnung geraten. Mehr ist es nicht – jedenfalls am Anfang. Es ist nicht so, wie wir uns es gewünscht hätten und erhofft haben. Es sind möglicherweise Bedürfnisse nach Kontrolle oder auf der anderen Seite nach Freiheit und Autonomie verletzt. Wenn es gelingt, die (möglicherweise verletzten) Bedürfnisse hinter der sogenannten Unregelmäßigkeit zu erkennen, dann ist der Weg zu einer Lösung offen, die über die oberflächliche Herstellung einer sogenannten Regelmäßigkeit hinausreicht.

Es gilt wieder zur Stimmigkeit zu kommen. Das ist etwas anderes als Regelmäßigkeit. Dass Regelmäßigkeit oder Regellosigkeit in unserem zeitlichen Verhalten und Denken eine so große Rolle spielt, liegt wohl daran, dass Zeit – so wie sie meist verstanden wird: als Uhrzeit – selbst eine Ordnung ist. Das legt es nahe, dieses Modell aufzugreifen, um zeitliche Ordnung – oder eben für Freiheitsliebende: auch Unordnung – zu schaffen. In diesem Zugang liegt ein Missverständnis.

Immer ist es das eine oder das andere: Striktes Zeitmanagement versus großer zeitlicher Freiheit, getaktete Arbeitszeit versus zügelloser Freizeit, geordnete Verhältnisse unter der Woche und sich treiben lassen am Wochenende, strikte Ordnung hier, wildes Chaos dort. Zeit wird dabei durch die Reflexion auf das Ordnungssystem der Uhrzeit in Gegensätzen gedacht. Zwischen Regelmäßigkeit, sprich Planung einerseits und andererseits Unregelmäßigkeit, sprich Planungs- bzw. (der womöglich ershnten) „Zeitlosigkeit„. Bei beiden – bei der Regelmäßigkeit und bei der Unregelmäßigkeit – kommt es regelmäßig zu Unregelmäßigkeiten, wenn – und weil! – wir uns für eines von beiden entscheiden.

Denn dann fehlt der ausgeblendete Gegensatz, der Unterschied, die Differenz. Schönheit entsteht aber aus Gegensätzen, wie der Regenbogen und auch manches Liebesverhältnis zeigt. Beides ist wichtig, nicht das eine oder das andere. Und manchmal sogar: Dies nicht und das auch nicht. Und selbst dies nicht: Keines von beiden. Sondern etwas ganz anderes. Aber das führt hier zu weit in eine weitere Unregelmäßigkeit, die aber immer – so viel sei angemerkt – den Reiz des Neuen und Verlebendigenden hat.

Insofern: Nutzen und schätzen sie die immer wieder mal auftauchenden Unregelmäßigkeiten Ihrer zeitlichen Stimmigkeit, um sich neu zu justieren. Das braucht es gelegentlich wieder mal neu. Und vergessen Sie das Gegenteil dabei bitte nicht. Sonst wird’s schnell langweilig – und das ist auch eine Form von Unstimmigkeit. Damit zeitliches Erleben immer wieder lebendig werden kann – und wir in der Lage sind, uns in der Zeit zu spüren. Und das am besten regelmäßig. Wobei 😉

Na ja, gerne mit kleinen Unregelmäßigkeiten.

Und: Für solche Zeitgenoss:innen, für die ein Regelwerk für die Überprüfung von Regelhaftigkeit und Regellosigkeit hilfreich ist, kann als Stimmigkeits-Check das Modell der Zeitordnung (Orthey 2017) dienen.

Stimmigkeitsfragen mit Blick auf das Gesamtbild meiner Antworten

  • Was fällt mir auf?
  • Wo passt das Bild gut? Wo bin ich damit zufrieden? Was ist (schon, wieder) stimmig?
  • Wo kommt es (wieder, neuerdings) zu (Un-) Regelmäßigkeiten? Wo ist das Bild nicht stimmig?
  • Welche Muster stecken hinter diesen Unstimmigkeiten?
  • Welche Bedürfnisse sind verletzt?
  • Welche Bedürfnisse sind einzulösen für mehr Stimmigkeit?
  • Und was bedeutet das für die Ordnung und die Gestaltung meiner Zeiten?

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Wenn Sie zwischen Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit hin- und hergerissen sind, dann hören Sie mal in den ORTHEYs-Zeitzeichen Podcast hinein:

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Oder Sie schökern in den Zeitzeichen:

ZEITZEICHEN

Ein ABC unserer Zeit.

ISBN 978-3-7504-3216-1

€ 19,99 [D] incl. MwSt.

Erhältlich bei BoD: https://www.bod.de/buchshop/zeitzeichen-frank-michael-orthey-9783750432161

 

Kategorien: Zeitforschung

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