Der Titel dieser seit 1992 im deutschen Fernsehen ausgestrahlten und von mir konsequent ignorierten Serie, ist heute der Titelspender für diesen Blogbeitrag. Heute an einem Tag, der irgendwie zu diesem Titel passt: Donald Trump scharrt seit Wochen in den Startlöchern und ab heute kann er denn auch seinen wilden Wust von Dekreten und anderes mehr in Amt und (hoffentlich, aber nicht ganz so wahrscheinlich: mit) Würden ablassen. Für manche sind das gute, für andere schlechte Zeiten. Für viele ist es wohl auch ein Übergang vom einen zum anderen. Da fragt sich der systemtheoretisch inspirierte Beobachter sogleich, was denn „gut“ bzw. „schlecht“ sei – bzw. was die Referenz für die Wahl dieser moralisch vereinfachenden Unterscheidung sein könnte.
Die Referenzfrage zu stellen, wäre angesichts der beobachtbaren Verschiebungen wohl an vielen Stellen angebracht. Bei der Fernsehserie führen mögliche Antworten zur Funktionsweise einer bestimmten Form von medialer Unterhaltung, die mit solchen Vereinfachungen bestimmte Bedürfnisse bedient und dann dazu entsprechende Fiktionen anbietet. Das ist die mediale Logik von „gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Sie stellt ab auf die (unerfüllten) Bedürfnisse von Zuschauenden. Das klappt – und dies ist hiervon zu lernen – seit über 30 Jahren jede Woche. Bis hin zu suchtähnlichen Verhaltensweisen. Da kann es enden. Gute Zeiten oder schlechte Zeiten?
In anderen Systemen führt die Referenzfrage in andere Gefilde. Diese Frage, also die Frage nach dem Bezug von „gut“ oder „schlecht“ zu stellen, wäre allerdings wichtig. Wobei differenzierte Beobachtende da schnell viel zu tun hätten und haben. Die üblich verdächtigen Protagonist*innen – Medienschaffende, politisch Beobachtende und Agierende, Wissenschaftler- und Politiker*innen – kommen ja jetzt schon kaum hinterher mit Kommentaren, die ihnen angesichts des Gehörten und Gesehenen angesagt erscheinen. Eine angemessene Reaktion ist ja auch anspruchsvoll angesichts der neuen Diskurs- und Sprachqualität, die angeschlagen wird in diesen Zeiten. Und dies sind – das soll nicht vergessen werden – auch Wahlkampfzeiten. Nun ist Wahlkampf eine eigene Rhetorik und diesbezüglich einzuordnen. Und doch sind da Töne zu hören, die manche verstummen lassen. „Windmühlen der Schande“ werden „abgerissen“, Professoren, die Gender Studies machen, die natürlich „abgeschafft“ werden, werden „rausgeschmissen“ und klar – das ist ja ein Fixstern im Programm – Migranten werden „abgeschoben“. Leicht ist diese Sammlung von Entgrenzungen im politischen Diskurs fortzusetzen – auch mit weltweit aufgerissenen Augen. Obschon es manchmal verlockend ist, sich in die Dramatisierungs- und Drastifizierungsstürme einzureihen und noch eins drauf zu setzen, erspare ich es uns hier. Und stelle vielmehr die Frage, was das bedeuten könnte für „gute“ und/oder „schlechte“ Zeiten.
Systeme arbeiten sich an ihren Grenzen ab, ringen dort um das, was gelegentlich Identität genannt wird. Dadurch werden und bleiben Systeme erkennbar, unter anderem weil diejenigen, die sie als personale Systeme mitkonstituieren, eine bestimmte Sprache verwenden. Die wird kommunikativ geschärft, manches ist erlaubt, anderes eher nicht. Oder sicher nicht. Hitler ein Kommunist? Na ja. Womöglich hätten sich die in diese oder ähnliche Beobachtungen gezwungenen noch vor einigen Monaten schulterzuckend und schweigend weggedreht. Mit stummen Sätzen auf den Lippen, wie solchen von denjenigen, die sich am besten selbst blamieren und demontieren. Nun aber schaut’s anders aus in diesen guten oder schlechten Zeiten. Das Gesunde, sich an Grenzen immer wieder neu abzuarbeiten und um Identität zu ringen, scheint eher von gewaltvoller Grenzverschiebung bis hin zu unkontrollierten Grenzüberschreitungen abgelöst. Oder Grenzen werden gleich zur Gänze ignoriert. Auch lange stabil gewesene Diskursqualitätszuschreibungen funktionieren angesichts dieser Grenzverletzungen nicht mehr, weil im politischen Spiel plötzlich auftaucht, was ehedem in die eher simpel gestrickten Formate der Fernsehunterhaltung gehörte. Den zuverlässig auftauchenden mächtigen Bösewicht, der die Weltherrschaft um jeden Preis anstrebt, gibt es nicht nur bei James Bond. Anscheinend können Länder ja auch gekauft werden … Um dann neue Grenzzäune zu bekommen. Aber nein, ich schweife ab …
Bei diesen verbalen Grenzüberschreitungen wird bisher Unsagbares gesagt, behauptet, in Umlauf gebracht, es erhärtet sich, wird wieder und wieder gesagt, behauptet, erhärtet – wird zum sprachlichen Inventar. Auch Kommentierende steigen ein in ihren Erwiderungen, verlassen das Niveau einer unterscheidenden Beobachtung und werden deutlich: „Ekelhaft“ sei das, ein „Schlag ins Gesicht“ undsoweiter. Bei allem Respekt vor dem Mut zur klaren Kante und Ansage, teile ich diesen Ansatz nicht, denn er bedient und beschleunigt die Spirale in den – nicht nur sprachlichen – Abgrund. Wenn die Grenzüberschreitung sprachlich bleibt, ist das ja quasi noch Schlaraffenland in der Entgrenzungsdynamik. Der – ab heute wieder – Präsident Trump droht an, der Sprache Taten folgen zu lassen, die auch auf der Landkarte sichtbar werden sollen. Damit gebührt ihm die Ehre, erkennbar für alle anzuzeigen, wohin die Entgrenzung von Sprache führen kann. Das gilt auch für eine extrem rechte Kanzlerkandidatin, die deutlich macht, wohin die gesellschaftliche und politische Reise führen soll. Und: Muss!!! (Mit drei Ausrufungszeichen, versteht sich in aller Lautstärke.)
Geleitet scheint dieses und jenes vom Hass. Auch dies gebührt den derart Agierenden: Sie sagen es jedenfalls. Und das voller Hass, Häme und Verachtung. Die Protagonisten in der ersten medialen Reihe stehen damit nicht alleine da. Auch an Stammtischen und in anderen, beispielsweise privaten Diskursen, kennt sich manche/r nicht mehr aus, wenn davon die Rede ist, was mit dem Bundeswirtschaftsminister am besten zu passieren hat … Seitdem auf den Wiesen Ampeln an Galgen rumhängen, liegt die Konsequenz ja auf der Hand. Da wünscht sich der ein oder die andere, den einen oder die andere am besten „auf den Mond zu schießen“. Blöd nur, dass diese Form der Verbannung auch nicht mehr funktioniert, denn sogar der Mars steht schon auf der Einkaufsliste derer, die sich in den Weiten des Alls zwischen ihren Ohren verirren.
Die vereinfachende Unterscheidung der Fernsehserie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ aufnehmend, kommen einem angesichts des Skizzierten oft nurmehr „schlechte Zeiten“ in den ersten Sinn.
Auf anderer Flughöhe wird aber sichtbar, dass durch diese harten (Über-) Zeichnungen auch sehr deutlich ist, was angesteuert ist. Das ist nicht schöngeredet und -gezeichnet, nicht diplomatisch in Watte verpackt. Es ist sehr klar und transparent in all seiner Radikalität und Brutalität. Das ist der Nutzen. Hoffentlich jedenfalls. Das wäre das Gute im Schlechten, wenn wir dieser Unterscheidung einstweilen – und nicht mehr lange – folgen. Wir wissen, wo wir dran sind, wenn …
Das Gute könnte insofern auch sein, die Frage zu stellen, wozu das alles so gesagt und getan wird. Und es könnte nach dem penetranten Immer-weiter-Stellen der Wozu-Frage dazu führen, in diesem entgrenzten Diskurs Gegenpositionen zu beziehen, die nicht ebenfalls Grenzen überschreiten, sondern bewährte und etablierte Routinen und Qualitäten des ausgeflaggten Systems nutzen, also Diskussion, Disput, der Gegenpositionen anerkennt, demokratische Gepflogenheiten und Routinen usw. Ganz ohne Bewegung – mit den sprechenden Lippen, der schreibenden Hand und mit den gehenden Füßen – wird das aber wohl nicht klappen.
Und auch dies nicht: Aus diesen „schlechten Zeiten“ durch Ignoranz, Wegschauen und sich Zurückziehen für sich (vermeintlich) gute zu machen, das wird wohl auch nicht funktionieren. Die Möglichkeiten des Sich-Wegduckens oder des Auswanderns sind begrenzt, weil die „Wohin denn?“-Frage zu neuer Ratlosigkeit beiträgt.
Also dann doch das Gute im Schlechten sehen und ins Immer-weiter-Fragen und ins Tun kommen.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten?
Es ist beides.
Die Serie ist eine Seifenoper, die wochein, wochaus immer wieder neue Geschichten erzählt. Und die dafür diese einfache, polarisierende Unterscheidung benutzt. Das funktioniert – offenbar ziemlich erfolgreich. Die einen erschreckt das, die anderen denken sich womöglich: Na ja, auch wenn – oder ja: weil – die Unterscheidung noch so vereinfachend ist, verbirgt sich doch bei genauerem Hinsehen dahinter eine Vielzahl von vielfältigen Geschichten. Das ist die Hoffnung, dass aus Einfalt wieder Vielfalt entsteht. Das wäre das Gute. Nicht nur im Fernsehen.
Und ja: Das Gute im Schlechten suchen und finden, das wäre doch mal was.
Und dann „im Guten“ – das ist ein ressourcenhafter emotionaler Zustand – den Unterscheidungshorizont zu erweitern und wieder auf die Vielfalt und die Buntheit noch anderer möglicher Unterscheidungen zu setzen.
Zeiten sind nicht nur „gut“ oder „schlecht“. Das Gute ist, dass sie faszinierend, spannend, nervig, bereichernd, anregend, aufregend, belebend, langweilig, manchmal eben auch widersprüchlich, ambivalent oder was auch immer sind. Sie sind vieles und sie sind vielfältig, nicht nur dieses oder jenes. Aller Vereinfachung zum Trotz. Das zeigt nicht zuletzt ein Blick auf die Entwicklung der Zeiten. Und gut iss …
Auch was Gutes ist es wohl, dass Zeiten ihre vielfältigen positiven Qualitäten in Begegnungen gewinnen.
In diesem Sinne: Gute gemeinsame Zeiten!
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Vielleicht hilt auch die „Zeit zum Umklappen“. Das ist ein Tisch-Aufsteller, der es mit drei mal 70 Satzteilen ermöglicht, sich mit „Sätzen für gute Zeiten“ zu versorgen (wer mathematisch begabt ist, rechnet jetzt die Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten hoch …)
Die Sätze können zur Reflexion des eigenen Zeitverhaltens anregen – und über den Tag begleiten. Morgens wird neu umgeklappt – ein schönes Ritual, das sich gut für den täglichen Start am Schreibtisch eignet. Während der Rechner hochfährt oder irgendwas sich updatet, bleibt immer Gelegenheit, um sich einen schönen Zeit-Satz zu suchen.
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Gute Zeiten am Kalvarienberg in Bad Tölz.
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