„Gut Ding will Weile haben.“ So die sprichwörtliche Weisheit für eine Zeitform, die es in unterschiedlichsten Varianten und mit verschiedenen Zusätzen gibt. Es gibt sie in der knackigen Variante der „Kurzweil“ und in der mit nicht enden wollender Dauer versehenen Zeiterfahrung der „Langeweile“. Dazwischen Augenblicke, die zum Verweilen aufgerufen werden – sprichwörtlich: „Augenblick, verweile doch, Du bist so schön.“ Auch zur Vergangenheitsbeschreibung taugt diese Zeitform. „Ne Weile her“. Das hat es sogar zum Songtext geschafft. Es gibt sie zudem in der Verniedlichung: es dauert eben noch „ein Weilchen“. Kann ja nicht so schlimm werden – und vermutlich nicht ganz so lange dauern. Ist ja nur ein kleines Weilchen. Kann sich natürlich aber auch ziehen zur langen Weile. In der sich mancher gar zu Tode langweilen kann. Tragisch eigentlich, denn die derart diskreditierte Zeitform der Langeweile könnte ja auch eine Luxus-Weile sein bei all der heutzutage unentwegt zelebrierten Dauerhektik.

Laut Duden kommt die heutige Weile vom mittelhochdeutschen wīl(e) und dem althochdeutschen (h)wīla, was eigentlich für Ruhe, Rast, Pause steht. Heute ist die Weile gemäß Duden eine „unbestimmte, kürzere Zeitdauer“ – sie hat quasi ihren ursprünglichen Rast- und Pausencharakter eingebüßt. Die Bestimmung der jeweiligen kurzen oder doch etwas längeren Weile und ihre Konnotation als etwas Wertvolles oder eben etwas Überflüssiges obliegt dem, der sie hat, die Weile. Und wie er oder sie diese erlebt. Falls es allzu müßig wird beim Verweilen, dann gibt es die Weile auch in der eiligen Variante. „Eile mit Weile“, so der Appell, der der Geschwindigkeit ihre Muße und Würde zurückgibt. Nebst der Ermahnung, es nicht zu toll zu treiben mit der Eile. Sondern sie mit einem Kontrapunkt zu verschönern, der beides, Eile und Weile wichtig und im Zusammenhang sieht. Weile ist dabei nicht notwendiger Weise das Gegenteil der Eile. Sie kann auch eine andere Verweildauer in der Zeit beschreiben. Wie, das ist letztlich subjektiv. Zugegeben, das ist wie bei anderen Zeitformen auch. Wir konstruieren uns unsere Zeit und die Formen, die sie annimmt, so zusammen, wie wir sie brauchen können. Im Dusel der Verliebtheit wird die Weile doch anders wahrgenommen als im nicht enden wollenden Meeting am Montag. Mit der Weile hat das Prinzip des subjektiven Zeiterlebens und der subjektiven Formgebung der eigenen Zeit längst Einzug ins Alltagserleben und das heißt auch: in die Alltagssprache gehalten. Das ist heute so wie weiland. Sie war und ist mal so und mal so. Die Weile. Je nachdem, wer sie in welcher Weise erlebt. Alleweil. Die Weile ist insofern eine Zeitqualität, die universell einsetzbar und abrufbar ist. Jedenfalls eine Weile lang.

Ein gutes Verweilen einstweilen bei alledem. Und eine gute Woche. Mit angemessenen Zeiten zum Verweilen. Und guten Dingen, die das brauchen. Und sie haben wollen, die Weile.

Kategorien: Zeitforschung

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